10 Jahre Erlanger Altstadtbier: Anstich im Biermuseum der Steinbach Bräu

Seit 2005 braut die Steinbach Bräu das Erlanger Altstadtbier (Fotoimpressionen vom Anstich des ersten Fasses Altstadtbier im Juni 2005). Anlass genug für die rührige Familienbrauerei, um am Mittwoch, 28. Januar 2015, mit diesem Spezialbier auf die lebendige Bierstadt Erlangen anzustoßen und die Grundsteinlegung für die Erweiterung des hauseigenen Erlanger Biermuseums zu feiern. „Mit einem frisch gezapften Altstadtbier im Willybecher, dem Traditionstrinkglas der deutschen Brauwirtschaft, ist es ein besonderer Genuss, die Biergeschichte der Universitätsstadt in neuen Vitrinen zu bestaunen“, so die Hausherren Dieter und Christoph Gewalt unisono.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Erlangen neben den Städten München, Nürnberg und Kulmbach führend im bayerischen Bierexport. Die Erlanger Stellung als überregionaler „Bierleuchtturm“ kippte allerdings mit der Erfindung der künstlichen Kältekompression durch Carl von Linde. Die Erlanger Exportmärkte brachen nach und nach weg, so besannen sich die großen lokalen Brauereien immer mehr auf den Heimatmarkt und verdrängten die kleineren Sudbetriebe. In den 1930er Jahren gab es schließlich nur noch vier Braustätten, nachdem die Brauerei Gebrüder Steinbach, die Brauerei Hübner und die Klosterbrauerei in Frauenaurach 1923 die Bierproduktion beendet und sich auf die Herstellung von Braumalz spezialisiert hatten. Die Gründung der Bundesrepublik 1949 erlebten nur noch die H. Henninger Reifbräu, die Erichbräu und die Privatbrauerei Kitzmann, da die Sudstätte der Hofbräu bereits 1936 ein Raub der Flammen geworden war.

1972 gingen dann auch noch Erich- und H.Henninger Reifbräu im neuen fränkischen Braukonzern Patrizier Bräu AG auf, welcher alsbald die Schließung seiner Erlanger Braustätten vornahm. Von 1975 bis 1995 war Kitzmann an der Südlichen Stadtmauerstraße die einzige Erlanger Brauerei, die die Biertradition unserer Stadt am Leben erhielt. Mit dem Wiederbeleben der Steinbach Bräu durch Christoph Gewalt, dem Urenkel des Firmengründers Carl Steinbach, im Jahr 1995 bekam die Stadt einen zusätzlichen Anstoß, sich an ihre traditionsreiche Biergeschichte zurückzuerinnern. Eine besondere Heimstatt hat diese „Renaissance der Bierstadt Erlangen“ ein paar Jahre später mit dem Erlanger Biermuseum der Steinbach Bräu erhalten.

Foto: Dr. Jürgen Tendel

Im 20-Hekoliter-Zweigerätesudwerk an der Vierzigmannstraße entstehen ganz individuelle Biere, die nach angemessener Reifung völlig naturbelassen die Zapfhähne verlassen. So kochte hier im Juni 2005 auch erstmals ein Sud Altstadtbier für das Erlanger Altstadtfest auf dem Altstädter Kirchenplatz. Dessen Ausgestaltung wurde zuvor von Dipl.-Braumeister Christoph Gewalt, Klaus Bärthlein (Altstadtforum) und Jochen Buchelt (Heimat- und Geschichtsverein) festgelegt. Das kupferfarbene Untergärige wird im Teilmaischverfahren aus 3 verschiedenen hauseigenen hellen und dunklen Gerstenmalzen hergestellt und erhält für seine markante Hopfennote 3 Gaben Spalter Aromahopfen. Extra für dieses kräftige Spezialbier mit seinen 12 % Stammwürze (etwa 5,5 % vol. alc.) haben Christoph Gewalt und Braumeister Roman Gause einen Satz eigene Willybecher angeschafft – erstmals in der langen Geschichte des seit dem 17. Jahrhundert existierenden Betriebes.

Der von vielen Biergenießern geliebte Willybecher ist das deutsche Standardbierglas und erblickte 1954 auf Betreiben von Vertriebsdirektor Willy Steinmeier bei der Ruhrglas AG Essen (genauer gesagt bei der „Glaswerke Ruhr AG“ Essen) das Licht der Welt. Die charakteristische Form „starker Boden, unten schmal, dann zum oberen Drittel hin etwas dickbauchiger, um ganz oben wieder mit kleinerem Durchmesser konisch zur Trinköffnung hin zu enden“, steht sowohl für eine herrliche Schaumkrone als auch für ein gutes Handgefühl auf dem erwartungsvollen Weg zum Mund. Willybecher waren (bzw. sind) bei allen vier Erlanger Brauereien der letzten 60 Jahre zur Freude der „Biergernetrinker“ im Einsatz.

Antiquar Holger Heine hat nun aus einem reichen Fundus neue Glasvitrinen im oberen Teil des Erlanger Biermuseums mit z.T. sehr alten Krügen, Flaschen und Brauereigläsern bestückt und erschließt so dem Betrachter die Biergeschichte unserer Stadt im Kontext durchaus seltener Schaustücke. Mit dabei ist beispielsweise ein Zinndeckelmaßkrug vom Holzberger Keller östlich des Kirchweihgeländes, der schon seit dem 1. Weltkrieg nicht mehr bewirtschaftet wird. Als lokalgeschichtlicher Berater und wohlwollender Begleiter des Projekts fungiert Stadtarchivar Dr. Andreas Jakob.

Zum Altstadtbier-Jubiläumsanstich am Mittwoch, 28.01.2015, war neben vielen Stammgästen und Freunden der Brauerei auch manch prominente Persönlichkeit gekommen, so konnte Familie Gewalt u.a. Altoberbürgermeister Dr. Siegfried Balleis begrüßen. Alle erhoben gut gelaunt ihre mit fassfrischem Altstadtbier gefüllten Willybecher und tranken auf die quicklebendige Bierstadt Erlangen.

Brauertaufe bei der Steinbach Bräu

Die Brauertaufe bei der Steinbach Bräu ist immer ein großes Familienfest. Eltern, Großeltern, Onkel und Tanten, Freunde, der Mittwochs-Stammtisch und viele Gäste – alle waren am 21. Januar 2015 in die Erlanger Altstadtbrauerei gekommen, um die in den letzten Jahren ausgebildeten Brauer und Mälzer Chris Böhme, Tobias Medla und Johann Conan zu feiern.

Hausherr und Dipl.-Braumeister Christoph Gewalt hieß alle herzlich willkommen und erläuterte kurz die Ausbildung zum Brauer und Mälzer, die 3 Jahre dauert. Davon sind 12 Wochen Blockunterricht in der Staatlichen Berufsschule Karlstadt am Main. Der handwerkliche Teil liegt vollständig in Familienhand. In der von Bruder Jörg Gewalt geleiteten Mälzerei in Zirndorf wird das Mälzen erlernt und in der Hirsch Brauerei Wurmlingen (südl. Baden-Württemberg) der Schwiegereltern die Filtration und Flaschenabfüllung. Den eigentlichen Brauvorgang, Gärung und Lagerung natürlich hier im Erlanger Brauhaus.

Der erste Täufling Chris Böhme beendete bereits 2012 seine Ausbildung bei der Steinbach Bräu und hat seit 2014 eine Anstellung bei der Hausbrauerei Kraftbräu in Trier. Im Jahr 2013 hat der waschechte Erlanger Tobias Medla seine Lehre abgeschlossen und wird ab September  2015 ein Braumeisterstudium an der Doemens-Akademie für Brau- und Getränketechnologie in Gräfelfing machen. Der Dritte im Bunde, der „spätberufene“ 38jährige Johann Conan, der unbedingt noch eine handwerkliche Ausbildung machen wollte, wurde im vergangenen Jahr fertig und bleibt der Steinbach Bräu als Brauergeselle erhalten.

Um zu verdeutlichen, wie gut es den heutigen Brauerlehrlingen ergeht, las Christoph Gewalt dann noch aus der Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung über die Gegebenheiten im Jahr 1885 vor:

„Nach einer Befragung des Allgemeinen Brauerverbandes, ergibt sich eine Nettoarbeitszeit von durchschnittlich 13,2 Stunden bei seinen Mitgliedern. In Hildesheim und Zwickau werden 15 Stunden gearbeitet, in Norden 16 bis 18 Stunden – und zwar auch an Sonn- und Feiertagen. Zu keiner Nachtstunde sind die Brauer sicher, nicht zu Extraarbeit aus dem Schlaf geholt zu werden. Das hat zur Folge, dass ein Brauer mit 35 Jahren als ‚ausgedient‘ gilt und seinen Beruf aufgeben muss. Nur in wenigen größeren Städten wie Hannover und Dresden gibt es in einigen Brauereien schon den 12-Stunden-Tag. 6 Stunden Ruhezeit seien für einen Brauergesellen genug, erklärt ein Stuttgarter Brauereibesitzer, weil ihm bei längerer Zeit zu viel Gelegenheit zur Selbstbildung bleibe. Das sei weder wünschenswert noch notwendig. Bei Bäckern und Konditoren, Metzgern und Brauern, in geringem Maße auch bei Kellnern und anderen Gastwirtsgehilfen, ist das Kost- und Logiswesen üblich, Lehrlinge wie Gesellen wohnen und essen im Betrieb bzw. im Haus des Meisters. Sie können so zu jeder Tages- und Nachtzeit zur Arbeit herangezogen werden und befinden sich unter ständiger Aufsicht.“

Nach diesem Ausflug in die Arbeitsgeschichte des Braugewerbes wurde es ernst für die drei „Täuflinge“. Sie zogen ihre Schuhe aus und kletterten in die bereits mit Wasser gefüllte Sudpfanne. Nachdem die kupferne Klappe geschlossen war, hieß es „Wasser marsch“. Mit einem ordentlichen Nachguss aus dem mit Storchenbier gefüllten 5-Liter-Krug und dem Brauerspruch „Hopfen und Malz, Gott erhalt’s!“ wurde die Taufzeremonie abgeschlossen.

Mehr feucht als fröhlich stiegen sie wieder aus der Pfanne und stießen dann glücklich mit ihrem Ausbilder Christoph Gewalt auf die erfolgreich abgeschlossene Lehrzeit an. Dazu gab es natürlich verdienten Applaus von allen Seiten.

Auch wir wünschen den dreien eine gute Brauerzukunft!!!

Fotos: Sabine Ismaier