Ottensooser Kirwa 2012: Vogelsuppe – Kitzmann-Bier – Baumaufstellen – Kirchweihsingen -Storchenglück!

Immer Mitte Juni feiert die Gemeinde Ottensoos im Landkreis Nürnberger Land ihre Kirchweih – und es ist ein Kirchweihfest mit einigen Besonderheiten. Es geht los am Donnerstag (obwohl eigentlich noch kein offizieller Kirchweihtag) mit dem traditionellen Vogelsuppenessen, wobei diese Suppenbesonderheit eine Spezialität der Hersbrucker Schweiz ist und dort in vielen Orten jeweils am Donnerstag vor der Kirchweih serviert wird. Schließlich wurde schon früher zur Kirchweih geschlachtet und da es damals noch keine Kühlmöglichkeiten in größerem Rahmen gab, mussten verderbliche Waren wie Innereien möglichst schnell verarbeitet werden. Aus diesem Grund entstand die Vogelsuppe (benannt nach dem Pommelsbrunner Gastwirt Vogel), die aus gekochtem Rindfleisch und Innereien besteht. Häufig wird sie mit Semmel- oder Leberknödeln serviert. In Ottensoos sorgt für diesen Gaumenschmaus heute (in der Version mit Leberknödeln) die Metzgerei Walter.

Am Freitag, 15. Juni 2012, zelebrierte Ottensoos Erster Bürgermeister Klaus Falk den Bieranstich. Im Fass das hervorragende und prämierte Kitzmann Helle aus Erlangen, das im Beisein von Brauereichef Peter Kitzmann als Freibier an die durstigen Kirwasbesucher ging.

Die Höhepunkte des Samstags waren das nachmittägliche Aufstellen des Kirchweihbaums an der oberen Dorfstraße durch die „Kirwaboum“ und nach 20 Uhr das traditionelle Volksliedersingen am Dorfplatz in die Abenddämmerung hinein. Nach Auftritten von Posaunenchor, Schulchor, Frauensingkreis und Männergesangverein wird das Ottensooser Kirchweihsingen traditionell mit dem gemeinsamen Lied „Guten Abend, gute Nacht“ beendet.

Auch das Ottensooser Storchenpaar verfolgte das Kirchweihtreiben mit Interesse, hatte es sich doch Anfang 2012 entschieden, weiter über dem Ort auf dem zentralen Brauereigelände „wohnhaft“ zu bleiben. Nachdem von einem der beiden großen Mälzereikamine im Herbst 2011 ein stattlicher Eisenring abgefallen war, mussten der rote Schornstein mit der charakteristischen Windhaube und der gelbe „Storchenschlot“, welcher bisher das Storchennest trug, aus Sicherheitsgründen abgerissen werden. Als Ersatzstandort boten die Ottensooser den Störchen (mit Unterstützung des Landesbundes für Vogelschutz) einen extra gezimmerten Dachreiter auf einer privaten Scheune direkt am Pegnitzgrund an. Doch diese zeigten nach ihrer Rückkehr im Frühjahr 2012 der neuen Horstunterlage „die kalte Schulter“ und bauten ihr Nest auf einem der übriggebliebenen Brauereischlote. Wie gesagt, von hier oben kann man Ottensoos hervorragend überblicken und hat das Kirchweihgeschehen zu seinen Füßen!

2011 anlässlich der Rückkehr der Ottensooser Kirchweih in den Hof der ehemaligen Kronen Bräu (Betriebseinstellung 2000/2001) schrieb Martin Schieber einen Hintergrundartikel für die örtliche Presse, den er uns freundlicherweise zur Verfügung stellte:

„Die Ottensooser Kirchweih kehrt 2011 in den Brauereihof zurück. Hier, mitten im Dorf, stand das Festzelt auch schon in den Jahren vor Schließung der traditionsreichen „Kronenbräu“. Die Tatsache, dass das Gasthaus „Rotes Ross“, in dem viele Elemente der Kirchweih stattfanden, zwei Wochen vor der diesjährigen Kirchweih Insolvenz anmeldete, ließ die Gemeindeverwaltung schnell handeln: Die „Vogelsuppe“ am Donnerstagabend schien ebenso in Gefahr wie der traditionelle Tanz nach dem Baum-Austanzen der Kirwaboum und –madla. So kehren nun alle, die in den letzten Jahren den Festplatz am Weiher organisiert hatten, in den Brauereihof zurück.

Endlich wird somit wenigstens die Tage der Kirchweih wieder Leben in das Kronenbräu-Areal einziehen. Ansonsten wird den Ottensoosern täglich schmerzlich bewusst, dass vor elf Jahren die jahrhundertelange Brautradition endete. Dass in einem Dorf wie Ottensoos schon seit dem 16. Jahrhundert Bier gebraut wurde, ist äußerst ungewöhnlich. Bierherstellung war nämlich ein Recht der Städte. Nur dort, wo es durch besondere Umstände von der Obrigkeit erlaubt wurde, konnte man sich darüber hinwegsetzen. Solche Umstände herrschten im Rothenberger Land, zu dem Ottensoos seit 1478 zählte. Im Markt Schnaittach und in Ottensoos erlaubten die Ganerben, also die fränkischen Adelsfamilien, die auf dem Rothenberg das Sagen hatten, das Bierbrauen. Da damit vor allem die Laufer Brauer ihr Geschäft beeinträchtigt sahen, veranlassten sie den Rat der Reichsstadt Nürnberg, bei den Ganerben zu protestieren. Diese ließen sich von außen in ihre Wirtschaftspolitik nicht hineinreden, war es doch vor allem ihr Bestreben gewesen, die Nürnberger Wirtschaft zu schädigen und die im eigenen Land zu stärken.

Während in Schnaittach das Braurecht auf mehr als 20 Anwesen verteilt war und so eine klassische „Braukommune“ entstand, die ein gemeinsames Kommunbrauhaus betrieb, lag das Braurecht in Ottensoos beim Gasthaus „Zu den drei goldenen Kronen“ – als traditionellen Hausnamen trug das Anwesen schlicht und einfach „Wirt“. Die Kronen im Namen von Gasthaus und Brauerei sollen übrigens die Kronen der drei „heiligen Madl“ Barbara, Katharina und Margarete sein, die diese auf dem südlichen Seitenaltar der Veitskirche als frühchristliche Märtyrerinnen auf dem Haupt tragen.

Jahrhunderte lang war die Ottensooser Brauerei eine Gasthausbrauerei, die ihr Bier im Ort selbst verkaufte und nur wenig in die engere Umgebung exportierte. Dies änderte sich erst mit dem Bau der Ostbahnlinie von Nürnberg über Lauf und Ottensoos nach Amberg im Jahr 1859. Mit der Bahn kamen auch erste Ausflügler und Sommerfrischler in den Ort, und die Gastronomie erlebte einen ungeahnten Aufschwung. Neben den beiden Traditionswirtshäusern, dem „Roten Ross“ und der Brauereigaststätte, entstanden weitere Gast- und sogar Beherbergungsbetriebe. In bester fränkisch-altbayerischer Tradition eröffnete die Kronenbräu auch neben ihrem Felsenkeller, der am Aufstieg zur Hochfläche der Alb lag, ein gut gehendes Gasthaus.

Im 20. Jahrhundert, nach der Entwicklung der Flaschenabfüllung von Bier, machte sich die Ottensooser Brauerei im weiten Umkreis einen guten Namen. Auch in Nürnberg schätzte man vielerorts in Kantinen und Wirtschaften den Gerstensaft der Familie Süß. Dieser Boom, der nach dem Zweiten Weltkrieg unvermindert anhielt, ist dem leerstehenden Brauereigelände bis heute anzusehen: Das ehemalige Gasthaus ist im Ensemble fast nur noch ein Nebengebäude – moderne Brau- und Logistiktechnik forderte immer mehr Raum. So kam es, dass der heutige Brauereihof entstand – ursprünglich standen dort zwei landwirtschaftliche Anwesen, darunter die Ottensooser Schmiede. Um genug Raum für den LKW-Ladeverkehr zu erhalten, wurden sie abgebrochen, und die nun wieder für die Kirchweih genutzte Fläche entstand.

Bleibt zu hoffen, dass es die Ottensooser verstehen, aus dem Niedergang der Brauerei und der Insolvenz des benachbarten Gasthauses Neues zu schaffen – ein Wirtshaus und ein neu genutztes Brauereigelände mit genügend Platz für Feste und Begegnungen im Alltag tun Not im Dorf! Immerhin stellt ja das gute Bier der Brauerei Kitzmann aus Erlangen eine enge Verbindung zur Ottensooser Brautradition her, war die Mutter des heutigen Chefs des Familienunternehmens doch eine Ottensooser Brauerstochter …“

Wir haben für Sie abendliche Ottensooser Kirchweihimpressionen am Samstag, 16. Juni 2012, eingefangen:

ZDF-Sendung „Hopfen und Malz verloren! Wie gut ist Deutschlands Bier wirklich?“

Am Mittwoch, 6. Juni 2012, zeigte das ZDF um 22.45 Uhr aus der Sendereihe ZDFzoom die Reportage „Hopfen und Malz verloren! Wie gut ist Deutschlands Bier wirklich?“, die wir Ihnen zur Meinungsbildung ans Herz legen möchten:

Video direkt in der ZDF-Mediathek ansehen!

Hierzu zwei Anmerkungen:

  1. Ein Zitat aus dem Jahr 2000 von Dipl.-Brauereiingenieur Manfred Pscherer (1932 – 2002), von 1965 bis 1975 erster Braumeister der Erich Bräu Erlangen: „Seit Jahrzehnten gibt es in Deutschland kein Patent mehr auf eine brautechnologische Neuerung, die einzig und allein auf geschmacklich besseres Bier abzielt!“
  2. Also: Seien wir glücklich und ein wenig stolz, dass unsere beiden Erlanger Braustätten so vielfältige und individuelle Biere herstellen, wie beispielsweise das rauchzarte, mit Whiskeymalz gebraute Scotty, das beerenfruchtige Jubiläums-Rotbier 300 oder die köstlichen hellen Weizenböcke, die „Königssorte“ der Obergärung!

Der „Pinsl“ auf dem Berg

Künstler und Erlanger Original oder aufdringlicher Mensch mit übersteigertem Hang zu geistigen Getränken? Die Waagschale wird sich wohl zu ersterem hinneigen, je mehr Zeit seit dem Tod des guten „Pinsl“, bürgerlich Erhard Königsreuther, im März 2009 vergangen ist. Schließlich wurde ihm während der Bergkirchweih 2012 gleich in mehrfacher Hinsicht – teilweise unübersehbar – gedacht.

Die Festwirte Thomas Fischer (Erich Keller) und Alexander Wittmann (Hübners Keller) haben einen besonderen Pinsl-Maßkrug entwerfen lassen und in einer Auflage von 1.000 Stück zum normalen Pfandpreis von 5,00 € beim Ausschank ihres Tucher-Bergkirchweih-Festbiers in Umlauf gebracht. Dem Vernehmen nach waren bereits nach dem Pfingstwochenende alle Pinsl-Krüge ausgegeben und in die Schränke der Sammler gewandert.

Die Frauenauracherin Ursula Krapohl, deren Bergkirchweih-Postkarten am Zigarettenstand unterhalb vom Hofbräu Keller verkauft werden, hat es sich heuer nicht nehmen lassen, für den „Bergkönig Pinsl“ extra eine farbige Collage in Postkartenform zu kreieren.

Frau Christiane Altzweig, Fürther Künstlerin und Betreiberin des Pappmaché-Figurenkabinetts „Frau Kramers Welt“ (Theaterstraße 20, 90762 Fürth) schuf den guten Pinsl sogar überlebensgroß. Am Vatertag (Christi Himmelfahrt) und zumindest am Eröffnungstag der Erlanger Bergkirchweih durfte der stolze Pappmaché-Pinsl als Bergkönig sogar auf dem Podest des Erich-Türmlas der Menge zuprosten.

Ansonsten befand sich die Figur vom 17. Mai bis 2. Juni 2012 in der V-art-Galerie, Hauptstraße 33, Erlangen, wo Kulturmanager Josef Achleitner und Galerieinhaber Ralf Bertholdt im 1. Obergeschoss eine Retrospektive mit etwa 60 Werken aus vier Jahrzehnten von Erhard Königsreuther zeigten. Abgerundet wurde die Ausstellung mit diversen Zeitungsausschnitten und Fotografien aus dem Leben des Künstlers sowie einer Videoproduktion, in der diverse Zeitzeugen über ihre Begegnungen mit dem Erlanger Original schilderten.

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Die 257. Erlanger Bergkirchweih – alle sind zufrieden

Nachdem die 257. Erlanger Bergkirchweih bei Klängen von Lily Marleen Tausenden Taschentuchwinkern (auch der Himmel tröpfelte vorher ein paar Tränen) und dem obligatorischen Fassbegräbnis am Montag, 4. Juni 2012, zu Ende ging, lässt sich als Fazit ziehen: Rund 1 Mio. Besucher – Festwirte, Schausteller, Stadt Erlangen, Polizei und Rettungsdienste sind zufrieden. Und auch den immer weiter um sich greifende Dirndl- und Lederhosenirrsinn sowie die Tendenz, den Berg am Abend auf manchen Kellern in eine Ballermann-Partyzone zu verwandeln, lässt man gewähren.

Die Brauereien können sich ebenfalls freuen, schließlich spielte das durstig machende Wetter mit und schon am zweiten Kirchweihsamstag (vor Trinitatis), als der Berg gestürmt wurde wie selten, wurde es an manchen Kellern eng mit dem Gerstensaft bzw. mit den Maßkrügen. Am Schlusstag war es tatsächlich so weit: Um 21.45 Uhr gab es am Steinbach Keller kein Bergkirchweihbier mehr. Nachdem der letzte Tropfen des dunklen Elixiers aus dem Tank gezapft war, hieß es fortan, das naturbelassene Vollbier der Brauerei muss in die Krüge, sodass auch die obligatorische Nachfeier im Kellergewölbe mit Storchenbier zelebriert wurde – was der guten Stimmung aber keinesfalls schadete!

Ein Wort zum Schluss zur Zählweise: Auch wenn wiederholt in den Printmedien von der 243. Ausgabe des Erlanger Traditionsfestes die Rede ist, bleiben wir auf Basis der 200. Erlanger Bergkirchweih, die die Stadt im Jahr 1955 feierte, dabei, 2012 hatten wir die 257. Erlanger Bergkirchweih, sodass wir uns 2013 auf den 258. Berg freuen können. Natürlich fiel die Bergkirchweih hungersnot- und kriegsbedingt mehrfach aus, doch schließlich werden auch weltkriegsbedingt ausgefallene Olympische Spiele hinsichtlich ihrer Nummerierung mitgezählt.

Weitere Fotoimpressionen der diesjährigen Erlanger Bergkirchweih von Sabine Ismaier: http://www.erlanger-fotos.de/fotogalerien/BKW2012/index.html

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